Samstag, 23. Januar 2016

Wie wir Licht in unseren Geist bringen - Thay Phap Nhat

Erwin Lorenzen / pixelio.de

Unser Bewusstsein ist wie ein dunkler Raum, in dem viele verschiedene Möbelstücke stehen. Stellen wir uns einmal vor, wir gehen in diesen Raum hinein. Wir können nicht erkennen, welche Gegenstände in dem Raum stehen, weil alles dunkel ist. Wir können nicht sehen, wo die Glocke steht, wo die Stühle und der Tisch stehen, und wo die Matten und die Sitzkissen liegen. Wir können durch den Raum gehen und die verschiedenen Gegenstände berühren, doch da wir sie nicht sehen können, kann es passieren, dass wir über diese Dinge stolpern. Die Glocke, die Stühle, der Tisch und Sitzkissen symbolisieren hier Emotionen wie Wut, Eifersucht, Angst und Einsamkeit. Wenn wir über sie stolpern, dann leiden wir.

Doch nehmen wir an, dass jetzt eine kleine Kerze angezündet wird, die uns ein wenig Licht spendet. Wir können erkennen, dass vor uns auf dem Fußboden eine Matte liegt, und wir können zur Seite gehen, um nicht auf sie zu treten. Die Energie der Achtsamkeit ist genau so ein Licht. Wenn wir die Energie der Achtsamkeit haben, dann bedeutet es, dass Licht in unserem Geist ist. Wir können dann sehen, wenn Wut in uns aufkommt, und wir können zu uns sagen: „Ich sehe, dass in diesem Moment Wut in mir aufsteigt. Wenn ich dieser Konversation weiter zuhöre, dann wird sich die Wut vergrößern.“ Weil wir das klar erkennen können, sind wir in der Lage zu verhindern, dass unsere Wut noch weiter genährt wird.



Nach drei Tagen der Praxis haben wir bereits so eine Kerze in uns, die Licht in unser Bewusstsein bringt. Wenn wir noch ein oder zwei Jahre weiter üben, dann wird das Licht stärker werden. Die Energie der Achtsamkeit wird stärker, und das Licht in uns ist dann so hell wie eine Neon-Lampe. Wir können dann nicht nur die Dinge erkennen, die direkt vor unserem Auge sind, sondern wir sehen auch die Dinge, die in der Ecke des Raumes stehen. Dies bedeutet, dass wir uns selbst viel besser verstehen. Vorher haben wir vielleicht gedacht: „Warum steht die Glocke dort drüben? Und warum steht der Stuhl hier? Ich kann das nicht akzeptieren. Ich kann mich selbst nicht akzeptieren.“, „Warum kann eine so kleine Sache mich so wütend machen? Warum werde ich so oft traurig?“, „Die Person, die ich liebe, liebt mich nicht. Warum ist das so? Ich tue doch alles für sie – warum sieht es dann so aus, als ob sie das ignoriert?“, „Warum fühle ich mich manchmal traurig, ohne dass ich den Grund dafür kenne?“

Es ist sehr wichtig, dass wir uns selbst verstehen. Wenn wir uns selbst nicht tief verstehen können, dann wird es schwierig für uns sein uns selbst zu akzeptieren und zu lieben. Wenn wir es jedoch schaffen, das Licht der Achtsamkeit immer weiter zu vergrößern, dann können wir uns selbst und die Vorgänge in unserem Bewusstsein immer besser verstehen. Wir lernen, unsere Emotionen zu erkennen. Wenn sich unsere Konzentration entwickelt hat, dann können wir mit unserer Aufmerksamkeit bei unseren Emotionen verweilen und sie beobachten. Allmählich entwickeln wir die Fähigkeit, tief in die Dinge zu schauen und die wahre Natur unserer Emotionen zu erkennen. So können wir Verstehen erlangen, und es entstehen Sympathie und Mitgefühl. Wenn die Energie der Liebe in uns ist, dann werden wir ruhiger. Wir können unsere Emotionen akzeptieren und allmählich werden wir in der Lage sein, sie zu transformieren. Doch die Grundlage dieser Praxis ist das Generieren der Energie der Achtsamkeit.

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