Montag, 28. März 2016

Die Lektion des Loslassens - aus dem Dharma Vortrag vom 7. Februar in HH

Thay Phap Nhat


Ich sehe, dass viele Menschen ihr ganzes Leben lang damit beschäftigt sind, Geld zu verdienen. Sie arbeiten sehr viel und sie wissen nicht, wie sie ihre Gesundheit beschützen können. Wenn sie alt werden, werden viele von ihnen krank, und dann wenden sie das ganze angesparte Geld dazu auf, ihre Krankheit zu heilen. Die Vögel singen jeden Tag, und am Straßenrand sind wunderschöne Blumen zu sehen, aber jahrelang konnten wir diese Dinge nicht erkennen. Wir leben mit Dingen, die nur in unserem Kopf stattfinden. Wir wollen feststellen, ob die Dinge gut oder schlecht sind. Unsere Gedanken kreieren viele Dinge, und so werden wir leicht in dem Kreisen unseres Denkens gefangen. Es ist eine Art Teufelskreis. Eines Tages stehen wir kurz vor dem Tod, und endlich erkennen wir, dass wir nichts haben. In dem Moment sind wir erleuchtet. Wenn wir sterben, können wir dann unser schönes Haus und unser Auto mitnehmen? Bis jetzt hat noch niemand das getan. Der Tod ist eine große Lektion für die Menschen. Doch wenn wir viel Glück haben, dann erkennen wir diese Lektion bereits lange bevor wir sterben und haben so die Chance ein besseres Leben zu führen.



Wenn wir ein neu geborenes Baby beobachten, dann sehen wir, dass seine beiden Hände stets nach den Dingen in der Umgebung greifen und sie festhalten. Wenn es aufwächst, entdeckt es seinen Körper als seinen eigenen Körper, und so wird es in dem Körper gefangen. Viel später wird es vielleicht ein Haus haben, und es wird in dem Haus gefangen sein. Je älter wir werden, desto mehr Dinge halten wir fest. Aber eines Tages ist da ein Freund, der nicht mehr weiter mit uns spielen möchte. Später erleben wir, wie uns geliebte Menschen sterben. Wir alle lieben unsere Mutter und unseren Vater, und wir wissen sicher, dass sie eines Tages sterben werden. Selbst wenn wir sie festhalten wollen, können wir nicht verhindern, dass sie gehen müssen. Auch dies ist eine Lektion, die jeder Mensch im Laufe seines Lebens lernen muss. In diesem Moment müssen wir einem großen Leiden entgegenblicken. Manche Menschen sind dann nicht mehr in der Lage zu arbeiten, weil so viele Erinnerungen an diese Person wieder und wieder in ihrem Geist auftauchen. Die Lektion, die wir lernen müssen, ist das Loslassen. Es gibt Menschen, die uns lieben, und wir wissen nicht was morgen mit ihnen passieren wird. Wenn wir jetzt schon in der Lage sind loszulassen, dann sind wir frei von dem was morgen passiert. Es ist wie mit unseren Händen: Wenn wir etwas in die Hand nehmen, und es nicht mehr loslassen wollen, dann können wir auch nichts anderes in die Hand nehmen. Wir müssen loslassen, um offen für etwas Neues zu sein. Wenn wir einer Person gegenüber sitzen, dann können wir 100% für diese Person da sein, vollkommen präsent sein mit dieser Person. Wenn wir am nächsten Tag einer anderen Person gegenüber sitzen, dann sind wir vollkommen für diese Person da. Nur so können wir wirklich frei sein. Dann entdecken wir, dass der wichtigste Mensch in unserem Leben derjenige ist, der jetzt gerade vor uns sitzt, mit dem wir jetzt gerade sprechen.

Das Wichtige ist immer im Hier und Jetzt. Wenn wir das Hier und Jetzt verpassen, wenn wir mit unseren Freunden sprechen und dabei im Geist mit etwas anderem beschäftigt sind, dann verpassen wir etwas sehr Wichtiges in unserem Leben. Das ist das Geheimnis des Lebens, die Tür der Freude und des Glücks, die Tür der Freiheit. Was immer im gegenwärtigen Moment passiert, ist eine Lektion für uns. Wir laufen nicht davon, wir blicken der Situation direkt ins Gesicht. Der einfachste Weg, direkt im Leben zu sein, ist sich der Situation hinzugeben und sie vollständig zu akzeptieren. Dann entdecken wir, dass das Leben einfach ist. Wenn eine Tür sich schließt, dann öffnet sich eine andere. Oft öffnen sich sogar viele Türen in viele verschiedene Richtungen. Aber weil wir oft in der einen Tür gefangen sind, durch die wir heraustreten wollen, gelangen wir niemals nach draußen, obwohl zahlreiche Türen um uns herum geöffnet sind. Seid vollkommen im Hier und Jetzt. Diese Tür ist immer geöffnet. Wenn wir einfach spontan im Hier und Jetzt leben, wird unser Leben zu einer Art Abenteuer. Jede Minute ist neu und frisch, und wir können sie genießen.

Können wir im gegenwärtigen Moment leiden? Unser Leiden bezieht sich immer auf die Vergangenheit oder auf die Zukunft. Oft leiden wir aufgrund einer Geschichte, die in der Vergangenheit passiert ist. Wir erinnern uns an diese Geschichte, und es kommt ein Gefühl der Traurigkeit auf. Der gegenwärtige Moment aber ist immer neu und frisch. Wenn wir vollkommen im gegenwärtigen Moment weilen, dann können wir nicht mehr leiden, selbst wenn wir es wollten. Wir können diese Art der Meditation „Lebens-Meditation“ nennen.

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